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Ein Wasserbus für Bonn?

19. Mai 2017

>> Mögliche Wasserbusstationen <<

Betrachtet man die Entwicklung der Stadt Bonn in den letzten Jahrzehnten vom Regierungssitz zur Bundesstadt, zur UN-Stadt und zum Standort mehrerer global agierender Unternehmen, so lässt sich feststellen, dass sich die innerstädtische Entwicklung vor allem in Nord-Süd-Richtung vollzogen hat. Damit ist der Rhein spätestens jetzt in die Mitte der Stadt gerückt und zum zentralen Imageträger der Anr(h)einer geworden. Für die Bonner Bürger, Tagungsbesucher und Touristen jedoch ist er nach wie vor nur eingeschränkt nutzbar, seine Promenaden sind seit den 1970er Jahren nahezu unverändert und von der fußläufigen, historischen Innenstadt aus nur schwer zu erreichen.

Der BDA Bonn-Rhein-Sieg hat schon 2011 im Rahmen eines Konzeptbeitrags zum „Masterplan Innere Stadt Bonn“ die Wasserbus-Idee entwickelt, unter dem Motto „R(h)ein in die Stadt“ den Bonner Fluss als Natur- und Erlebnisraum zum Kernthema der innerstädtischen Entwicklung zu machen, gleichsam einem zentralen Boulevard seine beiden Ufer engmaschig zu vernetzen und einen attraktiven Gestaltraum zu schaffen, der die besondere Qualität der „Stadt am Strom“ zum Ausdruck bringt.

Dabei stehen zunächst weniger die touristischen Ziele im Vordergrund als vielmehr, die unterschiedlichen Wohn- und Arbeitswelten miteinander zu verbinden. In Bonn gibt es nur eine fußläufige Brückenverbindung im Zentrum der sich gegenüberliegenden Stadtteile. Die beiden Autobahnbrücken im Norden und Süden sind drei bzw. vier Kilometer entfernt, die beiden Autofähren in Graurheindorf und Bad- Godesberg noch weitere vier Kilometer. Solch ein Umweg ist für Radfahrer aufwendig und für mobilarme Menschen gar nicht machbar.

Stellt man die aktuellen Beschäftigtenzahlen der Unternehmen am Rhein zusammen, so ist, beginnend mit dem Solarworld-Campus an der Auermühle, den Ministerien, dem UN- und T-Mobile-Campus, der DHL und der Deutschen Welle, dem Bonner Bogen bis zum BBSR in Mehlem von weit über 10.000 Arbeitsplätzen am Rhein auszugehen. Hinzu kommt die Nähe des City-Campus der Universität Bonn.

Entlang dieser Strecke mit einer Gesamtlänge von 15 km hat der BDA Bonn-Rhein-Sieg im Jahr 2012 zu einer Bootsfahrt eingeladen und Vertreter der genannten Unternehmen, der Stadtverwaltung und der Bonner Personenschifffahrt zu einem Interview gebeten. Die Teilnehmer waren sich rundweg einig, wie schön und besonders die beiden Bonner Rheinufer sind und wie abwechslungsreich sich eine Flussfahrt gestaltet.

Das Argument, dass ein Wasserbus aufgrund der hohen Betriebskosten unrentabel und zu teuer sei, findet sich in der Stellungnahme zum Verkehrsentwicklungsplan 2020 der Stadt Bonn wieder. Die begrenzten Kapazitäten der Verwaltung führten 2016 zu dem Vorschlag, erstmal das Ergebnis der Kölner Machbarkeitsstudie abzuwarten.

Der BDA Bonn-Rhein-Sieg ist der Auffassung, dass ein Wasserbus-konzept nicht nur betriebswirtschaftlich gesehen werden kann, vielmehr muss eine volkswirtschaftliche Betrachtung angestellt werden. Setzt man die Erfahrungen aus 18 Jahren Rotterdamer Waterbus an, so sind 80% der Fahrgäste Umsteiger von anderen Verkehrsmitteln, aber immerhin 20% Neukunden (davon die Hälfte Touristen). Das könnte für Bonn bedeuten, in der Rushhour jedes 10. Auto von den Brücken zu nehmen und in der Zeit dazwischen sowie am Wochenende 10% mehr Fahrgäste für die Stadtwerke zu gewinnen.

Die Bundeswasserstraße Rhein steht uns kostenlos und nahezu wartungsfrei zur Verfügung, schon heute sind zahlreiche Anlegestellen vorhanden. Und schon heute nutzen viele Bonner Bürger*innen das Fahrrad, um an ihren Arbeitsort zu gelangen und entgehen so dem hohen Verkehrsaufkommen auf den Bonner Straßen. Eine Fahrt mit dem Wasserbus bietet neben der Entschleunigung im Alltag zusätzlich einen hohen Erholungswert und somit Lebensqualität.

Darüber hinaus ist der BDA Bonn-Rhein-Sieg der Meinung, dass die Ausgangssituation der Städte Bonn und Köln nicht vergleichbar ist. Die zahlreichen Unternehmen und die wenigen Brücken wurden bereits erwähnt. Die Vereinten Nationen sind mit rund 20 Organisationen in Bonn vertreten, die die gezielten Bemühungen der Regierungen zugunsten einer nachhaltigen Zukunft im Bereich des Klimawandels unterstützen. Mit dieser Standortpräsenz haben wir sozusagen eine Verpflichtung, „vor der eigenen Haustür“ mit einem umwelt- und klimaschonenden, aber auch sozial gerechten öffentlichen Nahverkehrsnetz eine Vorbildwirkung zu übernehmen. Dies schafft einen ökologischen Mehrwert für die gesamte Stadtgesellschaft und deshalb muss es das Ziel sein, den Wasserbus in das vorhandene ÖPNV-System zu integrieren und das Liniennetz der beiden Rheinseiten komplettieren.

Im Jahr 2020 feiern wir in Bonn das Beethovenjubiläumsjahr. Hier werden viele internationale Touristen erwartet. Es bietet sich die einmalige Chance, die Aufwertung des Bonner Rheinufers und der Innenstadtkanten mit dem Image als Beethovenstadt und der besonderen Sinnlichkeit von Musik stadtgestalterisch zu verbinden. Von den Anlegestellen des Wasserbusses aus können neue Impulse für die Stadtentwicklung der Zukunft gesetzt werden, die durch ein besonderes corporate Design das innovative Projekt in der Bonner Rheinlandschaft sichtbar machen.

Ines Knye – Vorsitzende BDA Bonn-Rhein-Sieg

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