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Veranstaltungsturm „AIRE“ – Stellungnahme des BDA Bonn-Rhein-Sieg

3. April 2020

Nun also doch. Lange hat der Bund Deutscher Architekten (BDA) Bonn-Rhein-Sieg gezögert, sich einem Luxusprojekt zu stellen, das nur durch erheblichen finanziellen und medialen Aufwand einer einzelnen Person eine öffentliche Wahrnehmung erfahren hat. Mit dem Zuspruch der IHK gerät allerdings das Vorhaben in ein Fahrwasser, das uns dazu zwingt, sich ernsthaft mit der Idee und der Architektur auseinanderzusetzen.

 

Zu dem von einem privaten Sponsor gepushten Projekt „Veranstaltungsturm AIRE“ nimmt der BDA Bonn-Rhein-Sieg wie folgt Stellung:

  1. Für einen weiteren Veranstaltungsraum in dieser Größenordnung besteht neben dem WCCB, der Beethovenhalle, der Oper, der Stadthalle, dem Brückenforum, dem geplanten Musiktempel am Schlachthof oder auch dem Telekom-Dome keinerlei Bedarf. Allein der Sponsoren-Wunsch nach Verwirklichung seines privaten Traumes rechtfertigt ein solches Bauwerk nicht!

 

  1. Der vom Sponsor mit Nachdruck eingeforderte Standort in der Bonner Rheinaue (Denkmal!) liegt in einem besonders sensiblen Abschnitt des Rheintales: Ein monumentales und „eitles“ Bauwerk kann dieses einzigartige Panorama für die gesamte Dauer seines Bestehens stören. Auch die Stadtsilhouette wird massiv tangiert. Die beschlossene Rahmenplanung für das ehemalige Regierungsviertel sieht an dieser Stelle aus gutem Grund auch kein Gebäude vor.

 

  1. Die Sinnhaftigkeit dieses Turmes erschließt sich nicht: Warum müssen 1.100 Besucher und wahrscheinlich auch ca. 200 weitere Personen wie Künstler und Personal erst auf 162 m Höhe hochgegondelt werden, um dort ein konzertantes oder anderes künstlerische Geschehen zu verfolgen? Der Drang nach Schaffung von Spektakulärem rechtfertigt den verbauten Energieaufwand und auch die Inanspruchnahme des Standortes nicht. Auch ist der Bautypus des Turmes für eine sinnvolle Drittverwendung denkbar ungeeignet. Darüber hinaus sind Konzertsaal – das nach innen konzentrieren – und Aussichtsturm – das nach außen blicken oder wirken – in sich gegensätzliche Architypen.

 

  1. Bauliche Umsetzung und nachhaltiger Betrieb des Turmes sind wirtschaftlich risikoreich und am Ende wahrscheinlich wieder einmal eine Belastung des städtischen Haushaltes zum Nachteil anderer kultureller Projekte.

 

  1. Maßstab und Architektur sind inakzeptabel! Die Gestaltsprache erinnert an vergangene Zeiten, in denen Landesherren und Fürsten sich mit Lustbarkeiten umgaben und darin wandelten, ohne öffentlichen Zugang. Die Effekthascherei dieser strass-behängten Event-Architektur dürfte sich rasch verbrauchen und ein peinliches Symbol für provinziellen Geschmack hinterlassen. Diese monströse Mixtur aus Kettenkarussell und Kristallvase gehört allenfalls nach Hollywood oder ins Phantasialand, nicht aber vor die einzigartige Kulisse des Siebengebirges.

 

  1. Mit erheblichen finanziellen Mitteln soll eine Zustimmung für dieses Bauwerk organisiert oder auch eingekauft werden. Das Instrument des Bürgerbegehrens/Bürgerentscheides wird bemüht, um die Politik zu zwingen, sich mit privaten Phantasien zu beschäftigen und dafür öffentlichen Grund zur Verfügung zu stellen.

 

Aus allen vorgenannten Gründen fordert der BDA Bonn-Rhein-Sieg die für Planung verantwortlichen Vertreter aus Politik und Verwaltung auf, sich von diesem Vorhaben zu distanzieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass unsere Stadt mit ihrem besonderen Rheinpanorama vor einem irreparablen Schaden bewahrt wird.

Für das begrüßenswerte Engagement privater Investoren gibt es zahlreiche sinnvolle Projekte, die nicht minder öffentlich wirksam wären. So würde der BDA Bonn-Rhein-Sieg eine Neugestaltung der Bonner Rheinpromenade, vor allem unterhalb der Oper – vielleicht mit einer Neugestaltung einer modernen Treppenanlage durchaus unterstützen.

 

 

Aufgestellt: Bonn, den 2. April 2020

Vorstand:      Jürgen von Kietzell

Ines Knye (Vorsitzende)

Markus Müller

Adriane Niedner-Siebert

Ralph Schweitzer