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Das Pellerhaus in Nürnberg

27. Februar 2021

Einzeldenkmal des Nürnberger Wiederaufbaus in Gefahr?

Die Diskussionen über eine Rekonstruktion der Fassade sind wieder neu entbrannt.
Der BDA spricht sich eindeutig für eine denkmalgerechte und behutsame Sanierung des Pellerhauses aus.
Nachfolgend ein Abriss über die Geschichte des Ensembles und die aktuellen Diskussionen

Kurze Baugeschichte des Pellerhauses
In den Jahren 1602–1605 hatte sich der Kaufmann  Martin Peller am Egidienberg vom Architekten Jakob Wolff d. Ä. ein repräsentatives Wohnhaus im Renaissance-Stil erbauen lassen. Er selbst wohnte nur kurze Zeit in dem Haus. 1828 verkaufte die Familie das Haus an einen Spiegelfabrikanten. In Folge mehrerer Besitzerwechsel im 19. Jahrhundert sind umfangreiche Umbauten dokumentiert. 1929 erwarb die Stadt Nürnberg das Haus, das sich in einem sehr schlechten Zustand befand, und ließ es 1931 bis 1934 restaurieren um dort das Stadtarchiv unterzubringen. Bald stellte sich heraus, dass das ehemalige Patrizierhaus zu wenig Platz für eine kontinuierliche Akten-Archivierung bot.

Nach den massiven Kriegszerstörungen wurde die Ruine des Pellerhauses gesichert, während das Grundstück des Imhoffschen Palais vollständig enttrümmert wurde. Nach dem Willen der Stadt sollte auf den zusammengelegten Grundstücken der Neubau für Stadtbibliothek und Archiv entstehen. Die gesicherte Ruine des Peller-Hauses (Halle und Renaissance-Hof) sollte soweit wie möglich in das Neubaukonzept integriert werden. Die nach dem gewonnen Wettbewerb beauftragten Architekten Fritz und Walter Mayer errichteten über der von Ihnen rekonstruierten Renaissance-Halle des Pellerhauses eine Verwaltungsetage und den Magazinturm, während sie das Treppenhaus und Lesesaaltrakt mit Ausleihe auf dem Nachbargrundstück anschlossen. So entstand ein vorbildlicher, überregional beachteter, funktionaler Bibliotheks- und Archivbau, der nicht nur durch Farb- und Materialvorgaben des Wiederaufbauplans, sondern auch aufgrund des konsequenten architektonischen Konzepts Erinnerungen an die Nürnberger Baugeschichte wachhält.

Rekonstruktion des Innenhofs
Seit 2008 wurde der Innenhof des Ensembles durch die Altstadtfreunde Nürnbergrekonstruiert. Die geschah gegen den ausdrücklichen Willen der unteren denkmalschutzbehörde und des Landesdenkmalamtes. Diese Rekonstruktion ist weitgehend abgeschlossen und zeigt auf der einen Seite handwerklich sehr hochwertig erstellte Sandsteinnachbildungen, auf der anderen Seite aber grob, ohne Gespür und unsensibel erstellte Stahlbetonwände, um diese Kulisse statisch zu halten. Die Denkmalschutzbehörde stellt eindeutig klar, dass diese Einbauten nicht Teil des Einzeldenkmals Pellerhaus sind.

Rekonstruktion der Fassade
Seit einigen Jahren fordern die Altstadtfreunde Nürnberg, dass auch die Fassade des Pellerhauses rekonstruiert werden soll. Dies bedeutet zugleich den Abriss und die Zerstörung der bestehenden denkmalgeschützten und bautechnisch intakten Fassade und eine komplette Veränderungen der inneren Geschossigkeiten.
Hierzu hatte der BDA beereits 20216 unter dem Titel „Positionsbestimmung Pellerhaus“ eine Reihe mit zahlreichen Fachvorträgen veranstaltet.

Aktuelle Planungen der Stadt Nürnberg
Aktuell plant die Stadt Nürnberg  nach einer behutsamen denkmalgerechten Sanierung des Gebäudes mit dem „Haus des Spiels“ ein neue sehr geeignete Nutzung für das Ensemble. Neben dem Archiv des Deutschen Spielemuseums wird das Haus dann auch ein attraktiver Begengungsort für Alt und Jung sein. Selbstverständlich bleiben dabei die architektonisch herausragenden Elemente und die filligranen Details der 50er Jahre-Fassade und der Innenräume erhalten. Die Rekonstruktion der Fassade war damit zunächst kein Thema mehr.

Aktuelle Lage
Aufgrund der Corona-Pandemie  hat die Stadt Nürnberg das Projekt der Umnutzung zum Haus des Spiels niun aktuell aber gestoppt. Leider sind damit die Begehrlichkeiten für eine Fassadenrekonstuktion wieder gestärkt worden. Gleichzeitg suggerieren die Altstadtfreunde Nürnberg, dass die diese Maßnahme, ähnlich wie die des Hofes auch privat finanzieren könnten.

Aktuelle Presse
Die Süddeutsche Zeitung hat ein sehr gutes Interview mit der Denkmalwissenschaftlerin Carmen Enss geführt. Nachdem wir als Architekten stets eine sachliche Debatte führen möchten wir auch die folgende Reaktion darauf – ebenfalls in der SZ zu lesen – hinweisen.
Der BDA hat darauf mit einer Stellungnahme reagiert:

BDA Nürnberg – Mittelfranken – Oberfranken am 27.02.2021

Pellerhaus Nürnberg,
SZ-INTERWIEW MIT CARMEN ENNS
LESERBRIEF DR. PABLO LA RIESTRA

Es ist sehr besorgniserregend, mit welcher Vehemenz sich die Befürworter einer Fassadenrekonstruktion am Pellerhaus in Nürnberg über die Tatsache hinwegsetzen, dass dafür eine völlig intakte, preisgekrönte Fassade an einem als Einzeldenkmal eingetragenen Bauwerk zerstört werden muss. Es besorgt deshalb, weil die dafür federführenden Altstadtfreunde Nürnberg innerhalb der Nürnberger Altstadt auch zahlreiche andere Gebäude sanieren und rekonstruieren wollen, und dafür erhebliche Freiheiten eingeräumt bekommen. Nun wird sichtbar, dass es nicht um die Geschichte der Gebäude geht, sondern um persönlichen Geschmack oder Vorlieben.

Herr la Riestra hat Recht, dass die Geschichte Deutschlands nicht erst 1945 beginnt, aber mit Verlaub, sie endet erfreulicherweise auch nicht zu diesem Zeitpunkt. Wer sich aber das Ziel setzt, die komplette Nürnberger Nachkriegsarchitektur visuell abzuschaffen, und durch historische Repliken zu ersetzen, der löscht auch zeitgleich ein wichtiges Stück der deutschen Geschichte aus dieser Stadt.

Der BDA setzt sich daher für den Erhalt des heutigen Pellerhauses und die behutsame Sanierung des Gebäude ein. Die Pläne, dem Gebäude eine neue Renaissancefassade vorzusetzen, die auch eine komplette Veränderung der dahinterliegenden Geschosse bedeuten würde, lehnen wir strikt ab. Wir fordern hier Politik und Stadtverwaltung auf, hier weiterhin verantwortlich mit dem gebauten Bestand und der Nürnberger Geschichte umzugehen, und die Geldangebote der Altstadtfreunde Nürnberg abzulehnen.