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AN: Architekturnovember 2021 WANDEL WANN DENN?

3. November 2021

26.10. – 8.12.2021
AN: Architekturnovember 2021 WANDEL WANN DENN?

Im Architekturnovember rückt der Bund Deutscher Architekten BDA Baden-Württemberg zum sechsten Mal landesweit die große Vielfalt der baulichen Kultur in den Blickpunkt.
Der BDA veranstaltet am 8.11.2021 die Auftaktveranstaltung „Wandel der Innenstädte“ im ehemaligen SportArena-Kaufhaus in Stuttgart, die festliche Preisverleihung des Hugo-Häring-Landespreises 2021 am 19.11. in Baden-Baden sowie die Vernissage zur Ausstellung des Hugo-Häring-Landesreises am 22.11. im Wechselraum. Unsere langjährigen Partner:innen organisieren auch diesen November wieder viele Veranstaltungen und Ausstellungen zum Thema Architektur. Es sind beteiligt die Heilbronner Architekturgespräche, die Tübinger Reihe Architektur Heute, das Kaleidoskop Tauberbischofsheim, sowie das Architekturforum Freiburg. In Konstanz veranstaltet die HTWG die Internationale Woche. In Karlsruhe tragen das KIT sowie das Architekturschaufenster mit vielen Programmpunkten bei. In Stuttgart findet erneut die Novemberreihe der Universität, die Punkt 7-Reihe der Hochschule für Technik sowie weitere Vorträge und Events der architekturgalerie am weißenhof und der Staatlichen Akademie der bildenden Künste. Die Themen sind breit und vielfältig. Sie verbindet WANDEL.

Alle Infos unter: www.architekturnovember.de
Mit freundlicher Unterstützung der Sto-Stiftung.

 

Wandel der Innenstädte- Was kommt nach der Stadt als
Shoppingcenter?

Stuttgart – Wo früher Fußballshorts und Laufschuhe in den Regalen lagen, wummerte am Montagabend der Bass, schwarz-gelbe Videokunst irrlichterte an den Wänden: Der Bund Deutscher Architekten (BDA) Baden-Württemberg hat für den Auftakt des landesweiten Festivals Architekturnovember den passgenauen Ort gewählt: das ehemalige Sportarena-Kaufhaus in der Stuttgarter Königstraße, das dem Abriss geweiht ist. Den „Wandel der Innenstädte“ zu beleuchten und ihm eine Zielrichtung zu geben, hatte man sich für den Abend vorgenommen. „Wir wollen Teil des Wandels und einer Perspektive für ein umgestaltetes Leben in der Innenstadt sein“, so die BDA-Landesvorsitzende Liza Heilmeyer. Die Pop-up-Bespielung des Orts hatte viel Charme und demonstrierte: Solche innerstädtischen Dinosaurier taugen zur Verwandlung. Welche zweite Leben für das ausgediente Kaufhaus denkbar wären, entlockte der Moderator David Kasparek seinen Gästen allerdings erst ganz zum Schluss der eineinhalbstündigen Diskussion. Die Vorschläge reichten vom „Fun Palace“ über ein „Community Art Center“ samt Skatepark auf dem Dach bis zur „Arena für Experimente“, wobei geldbringender Handel im Erdgeschoss neue Nutzungen in den oberen Geschossen durch Handwerk, Kultur oder Dienstleistung kofinanzieren könnte – ein Prinzip, das Thomas Krüger, Professor für Stadtplanung an der HafenCity Universität Hamburg, dem „Sozialismus des Shoppingcentermanagements“ entlehnte.

„Permanent Hauptbahnhof!“

Zuvor nahmen sich er sowie die Kölner Architektin Anne-Julchen Bernhardt und Marc Gegenfurtner, Leiter des Kulturamts Stuttgart, viel Zeit, die Krankengeschichte des Patienten Innenstadt zu rekapitulieren. Denn, das pfeifen die Spatzen von den Dächern, die Stadt als Einkaufszentrum funktioniert nicht mehr, Online-Kommerz und Pandemie lassen Zentren als „Erlebnisorte“ müsse her, forderte Thomas Krüger. „Wir brauchen interessante Zentren, wo die Stadt und ihre gesellschaftlichen Gruppen sich begegnen und reiben – permanent Hauptbahnhof“, so Krügers knappe Formel. Der „Verdörflichung“ der Innenstädte erteilte er eine klare Absage und damit auch dem, was Anne-Julchen Bernhardt so vorschwebte: Warum nicht kollektives Wohnen in den leer stehenden Erdgeschossen der König-, Mönckeberg- und Kaufinger-Straßen der Republik?

Vom Kaufhaus zur Senioren-Wohnanlage

Bernhardt hat mit ihrem Büro BeL Sozietät für Architektur schon 2006 in Eschweiler das Kaufhaus Breuer zu Wohnraum für ältere Menschen umgewandelt. „In Kaufhäuser passt erstaunlich viel hinein“, sagte sie und berichtete von Umnutzungsideen, die ihre Studenten an der RWTH Aachen entwickelt hatten: Logistik-Hub, Handwerkerhaus, Kulturzentrum.
Kultur – damit war für Marc Gegenfurtner das Stichwort gegeben. Die Kultur werde bei der Aufzählung, was in der Stuttgarter Innenstadt zu finden sei, gern vergessen, sagte der Kulturamtschef und beklagte gleichzeitig den zumindest teilweise exklusiven Charakter von Theatern, Konzertsälen, Museen. „Stuttgart bietet alles, was das Herz begehrt, wenn der Geldbeutel stimmt.“ Die Innenstadt der Zukunft müsse „deutlicher offen für alle“ sein und „hybride Formen der Begegnung jenseits des Konsumismus“ ermöglichen.

Ein Experimentierparagraf muss her

Experimenten aber, die die Zentren revitalisieren könnten, steht eine Hürde im Weg: „der Horror des Bauordnungsrechts“, wie Krüger geißelte. „Jede Nutzungsänderung eines Gebäudes erfordert eine Baugenehmigung, da wird keiner was ausprobieren.“ Er forderte mit Nachdruck einen
„Experimentierparagrafen“ im Baurecht und appellierte an die Architektenschaft: „Da sind Sie gefragt, um Druck auf die Politik auszuüben!“

Ulla Hanselmann- Stuttgarter Zeitung 09.11.21

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