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WAS KOMMT NACH DEN BADEGÄSTEN?

28. Februar 2022

 

Foto © Uta Winterhager

 

Ausstellung im Viktoriabad Bonn: Sorge um den Bestand – Zehn Strategien für die Architektur

Lange kam nichts, dann ein paar verirrte Ruderboote, aber nie eine Entscheidung, keine zündende Idee. Kaum ein Ort eignet sich also besser als das Bonner Viktoriabad, um die Hilflosigkeit im Umgang mit dem Bestand und die daraus resultierende Misere der leerstehenden Substanz nicht nur anschaulich zu erläutern, sondern sie auch spürbar zu machen. Seit über zehn Jahren ist das 1971 eröffnete Hallenbad (Architekt Goswin Weltring) geschlossen.

Zwar bot das Familienbad neben der kleinen und der großen Schwimmhalle auch einen Heilbädertrakt, Saunen und eine großzügige Eingangshalle mit Milchbar, doch all dies verlor gegenüber den neuen Spaßbädern an Attraktivität, war irgendwann unrentabel und nach jahrelanger Vernachlässigung offiziell baufällig.

Auch große Teile des gesamten städtischen Blocks wurden leergezogen, mehrfach verkauft, besetzt, zwischengenutzt. Heute sind die mitten in der Innenstadt zwischen Universität und Rathaus gelegenen Gebäude trotz ihrer feinsinnigen, schlichten Architektursprache der Nachkriegsmoderne, der wohldosierten Kunst am Bau und der hochwertigen Materialien, ein trauriger Anblick. Während das StadtMuseum sowie die Gedenkstätte und das NS-Dokumentationszentrum Bonn in den sanierten Heilbädertrakt gezogen sind und die Milchbar zum Café Blau wurde, passierte in den Schwimmhallen nichts. Dabei böten die mit der Kulisse der abstrakte Geysierlandschaft auf dem 240 Quadratmeter großen Kunstharzfenster (Wilhelm Junghans 1970), dem eleganten Sprungturm und dem sehr speziellen Charme der frühen 70er, große Mengen Raum für so vieles.

In dieses Vakuum tritt der BDA NRW mit der Ausstellung SORGE UM DEN BESTAND – Zehn Strategien für die Architektur, deren abstrakter Titel hier ganz konkret verortet wird. Vom 8. bis 29. Juni 2022 werden die zehn Thesen, begleitet von einem vielfältigen Rahmenprogramm mit Abendveranstaltungen, Führungen und einem eintägigen Symposium, im Bonner Viktoriabad auf- und ausgestellt.

Wir erwarten spannende Impulsvorträge, Tischgespräche und Podiumsdiskussionen.
Zugesagt haben bereits Jitse van den Berg (noAarchitecten, Brüssel), Katja Fischer (Programm- und Projektleiterin der IBA Thüringen), Andrea Hofmann (raumlaborberlin, Berlin), Prof. Jan Kampshoff (modulorbeat, Münster und Entwerfen und Baukonstruktion TU Berlin), Marc Pouzol (atelier le balto, Landschaftsarchitekten. Berlin), Annabelle von Reutern (Concular, Berlin), Prof. Tim Rieniets (Institut für Entwerfen und Städtebau, Leibniz Universität Hannover), Inge Vinck (architecten jan de vylder inge vinck, Gent und Kunstakademie Düsseldorf) und Dr. Robert Winterhager (Montag Stiftung Urbane Räume gAG, Bonn). Moderiert wird die Veranstaltung von Dr. Jörg Biesler (Architekturhistoriker und Journalist).

Die Moderation der Tischgespräche übernehmen einige Referenten und Prof. Georg Giebeler (4000architekten, Köln und Bauen mit Bestand und Baukonstruktion, Bergische Universität Wuppertal), Ayşin İpekçi (Studyo Architects, Köln), Peter Köddermann (Baukultur Nordrhein-Westfalen), Prof. Oskar Spital-Frenking (Spital-Frenking + Schwarz Architekten und Stadtplaner BDA Dortmund und Baudenkmalpflege Hochschule Trier)

Die Schwimmhalle wird mit ihren Höhen (Sprungturm) und Tiefen (Schwimmerbecken), mit ihren Schwächen (in die Jahre gekommen) und ihren Stärken (Wow!) in allen Dimensionen bespielt, um das Vakuum für ein paar Wochen mit Leben zu füllen. Im besten Fall werden sich auch neue Perspektiven auf das fast schon Aufgegebene eröffnen.

Der Umgang mit dem bereits Bestehendem wirft viele Fragen auf. Wie verändert sich unser Verständnis von Ästhetik, wie die Konstruktionsprinzipien, der Entwurfs- oder Planungsprozess? Wie können wir Bestand bewerten, welche gesetzlichen Spielräume sind nötig? Konsequent ist da, dass sich auch die im Herbst anschließende Landesreihe den verschiedenen Fragestellungen der Umbaukultur, des Bestand-serhalts und der Weiternutzung widmen wird. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

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