Themen

Alles gleich, aber alles anders: BDA Preis Bayern 2022 verliehen

4. März 2022

Paradigmenwechsel

Bereits im Vorfeld war klar, dass diese Preisverleihung ein ganz besonderes Ereignis werden sollte: Es galt nicht nur die 25. Ausgabe der renommierten Architekturauszeichnung zu begehen, sondern auch mit der Neuausrichtung des Preises einen Paradigmenwechsel in Richtung nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen einzuläuten. Erstmals waren die zehn Postulate des BDA-Manifests „Haus der Erde“ wesentliches Kriterium der Auslobung. Sorge tragen um den Bestand hat ab jetzt Priorität vor Neubau!

Festlicher Veranstaltungsort war wie bereits 2019 die Alte Kongresshalle in München. Die Preisverleihung wurde im Live-Stream übertragen und von bis zu 600 Interessierten verfolgt, da nur eine begrenzte Zahl an geladenen Gästen, darunter die nominierten Architektinnen und Bauherren sowie Vertreter der Politik, aus Kammern und Verbänden im Saal zugelassen war. Nina Michelle Nagy bezauberte gleich zu Beginn das Publikum mit ihrem begnadeten Jazz Quintett.

Bevor der BDA-Landesvorsitzender Dr. Jörg Heiler den Abend eröffnete, bat er die Anwesenden um eine Schweigeminute zur Solidarität mit den Opfern in der Ukraine, aber auch mit den Menschen in Russland, die diesem Krieg widersprechen. Von einer Absage der Preisverleihung hatte der BDA nach einigen Überlegungen abgesehen, da so Heiler »Kultur eine völkerverbindende Dimension hat und die existenziellen Fragestellungen des Bauens trotz der traurigen Ereignisse bleiben“.

Die Präsidentin der bayerischen Architektenkammer Prof. Lydia Haack sicherte in ihrem Grußwort der ukrainischen Architektenschaft die Unterstützung der Architektenkammern zu und schloss sich damit den Solidaritätsbekundungen des Architects Council of Europe ACE an.
Zum Thema klimagerechtes Bauen sieht sie die Kammer, den BDA und alle Bauschaffenden an einem Strang ziehen: „Es besteht Einigkeit: wir müssen handeln, und zwar jetzt. Auch in der Politik herrscht die Bereitschaft einen Transformationsprozess wirklich einzuläuten, der eine klimagerechte Baukultur, nämlich eine Umbaukultur anstelle einer reinen Neubaukultur fördert.“

Auch auf Änderungen der landespolitischen Ebene wurde kurzfristig reagiert: Nach der Kabinettsumbildung zwei Tage vor der Preisverleihung nahm der frisch ernannte Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr Christian Bernreiter die Einladung als seinen ersten öffentlichen Auftritt gerne wahr und überreichte als Schirmherr den BDA Preis in der Kategorie Bauen für die Gemeinschaft. „Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen gestalten, das gilt für die Städte genauso wie für den ländliche Raum. Bayern ist ein Kulturstaat und konnte in den vergangenen fünf Jahrzehnten mit Fördermitteln von 7 Mrd. Euro Projekte in 1200 Kommunen anstoßen. Die Städtebauförderung ist eine Erfolgsgeschichte. Klimaschutz und Bauen muss Hand in Hand gehen, um unser Ziel, ein klimaneutrales Bayern, bis 2040 zu erreichen.“

Für Jörg Heiler ist der BDA-Preis nicht nur ein Instrument, um Erreichtes in die Öffentlichkeit zu tragen: „Der Preis muss Signale für die Zukunft setzen, muss eine Richtung zu übergeordneten Fragen und Herausforderungen geben“.

Aktuell noch zu oft Absichtserklärung gilt es dieses Bewusstsein noch stärker bei Bauherren- und Architektenschaft zu verankern und zur Umsetzung zu kommen.

Die Fachjury nominierte aus den 131 Einreichungen für jede der fünf Preiskategorien bis zu drei Projekte. Mit Ausnahme des Preises der Jury und des Studienpreises wurde die Vergabe der Preise dann den bayerischen BDA-Mitgliedern übertragen.

In der Kategorie Besondere Bauten fiel ihre Entscheidung auf die drei Forschungshäuser von Florian Nagler in Bad Aibling für die B&O Gruppe.

© Pk Odessa Co Lanz & Schels, München
© Pk Odessa Co Lanz & Schels, München
Forschungshäuser Bad Aibling

In der Rubrik Bauen im Bestand/Denkmal konnte die neue Gemeindebücherei in Gundelsheim von Schlicht Lamprecht punkten.

© Stefan Meyer, Berlin/Nürnberg
© Stefan Meyer, Berlin/Nürnberg
Haus, Stall, Scheune: Neue Bücherei in Gundelsheim

Das Haus für Kinder von Spreen Architekten in Kirchheim bei München entschied die Kategorie Bauen für die Gemeinschaft für sich.

© Brigida González, Stuttgart
© Brigida González, Stuttgart
Haus für Kinder, Kirchheim bei München

Als wegweisend für den Gewerbe- und Verwaltungsbau prämierten die Mitglieder die langgestreckten Satteldachhallen der Flussmeisterstelle in Deggendorf von bogevischs buero.

© Rainer Taepper, Deggendorf
© Rainer Taepper, Deggendorf
Flussmeisterstelle, Deggendorf

Auch der Preis für Wohnungsbau ging in die Region und an ein langgestrecktes Satteldach, das Arc Architekten in Münsing als Alternative zu Einfamilienhäusern über die Wohnungen der Baugemeinschaft Pallaufhof spannten.

© Arc Architekten, Bad Birnbach
© Arc Architekten, Bad Birnbach
Alles unter einem Dach, Münsing

Den Studienpreis erhielt Moritz Hahn von der Hochschule Würzburg für seine Bachelorarbeit
„Zur ethischen Kritik der Architektur“, in der er unter anderem die Frage stellt: „Dürfen wir verschwenden?“

© Moritz Hahn, Würzburg
© Moritz Hahn, Würzburg
Ideal: Zur ethischen Kritik der Architektur

Abschließend wurde die Wohnbebauung Genter Straße 13 von Otto Steidle mit Doris und Ralph Thut als Nominierung für die Klassik Nike des BDA Bundespreises bekanntgegeben.

Mit dem Preis der Jury möchte die Jury ein Werk hervorheben, das in beispielhafter Weise eine bauliche Antwort im Sinne der Auslobung gefunden und neue Wege der Bauherrenaufgabe beschritten hat. Sie vergaben die Auszeichnung an den Wohnungsbau San Riemo für die Genossenschaft Kooperative Großstadt, den summacumfemmer mit dem Büro Juliane Greb in München realisiert haben.

© Florian Summa, Leipzig
© Florian Summa, Leipzig
San Riemo, München

Das Spektrum der Arbeiten zeigt unterschiedlichste Ansätze, wie man die zehn Postulate einer klimagerechten Architektur in der Praxis umsetzen kann. Die Einreichungen haben aber auch gezeigt, dass der Paradigmenwechsel erst begonnen hat.

Die Botschaft des BDA Preis Bayern 2022 war eindeutig: den Wandel im Bauen zu beschleunigen, mit den Mitteln und Möglichkeiten der Architektur.

BDA Bayern

Pressestimmen:
Um-Bauen statt Bauen: Die Verleihung des BDA Preis Bayern 2022 – Bericht von Moritz Holfelder auf BR24: „Nun müssen die Preise in die Gesellschaft und die Politik hineinwirken.“