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City im Umbruch – Wohnraum ist Stadtraum

30. November 2022

Der BDA nutzt das Thema „Wohnraum ist Stadtraum“ auch für eine kleine Dortmunder Werkschau. Collage: Patrias

Wohnraum ist Stadtraum. Mit dieser Formel richtete der BDA Dortmund Hamm Unna den Blick auf das innerstädtische Wohnen in Dortmund. Lebenswerte Stadträume entstehen in erster Linie durch die Bewohner. „Menschen prägen Räume, Räume prägen Menschen“, so formulierte es BDA-Vorstand Marcus Patrias in seiner Einführung. Für das Kaiserviertel, – Kreuzviertel, Saarlandstraßen- und Klinikviertel funktioniert diese Formel seit langem. In der City spielte das Wohnen bisher weniger eine tragende Rolle. Durch den Wegfall von Gewerbe- und auch großen Handelsflächen steht dem Dortmunder Stadtkern aber ein starker Wandel bevor. Kann der kleinteilige Geschosswohnungsbau der genannten Nachbarquartiere Vorbild für eine notwendige Neuausrichtung sein? Und wie antworten Planer*innen auf Hitzeinseln durch Megabauten und Großgaragen in der City, die die Luft nicht zirkulieren lassen? Könnten die vielen Flachdächer vielleicht bebaut und bepflanzt werden?

Mit einem Rückblick auf den genossenschaftlichen Reformwohnungsbau und einer kleinen anschließenden Werkschau mit zeitgenössischen Wohnungsneubauten in Dortmund im städtischen, aber auch in unterschiedlichen ökonomischen Kontexten schlug der BDA im Forum StadtBauKultur einen großen Bogen und ermunterte die mehr als 100 Besucher zu einer – mitunter auch sehr kontroversen – Diskussion.

Wohnen in der City werde verstärkt geplant, machte Birgit Niedergethmann vom Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Dortmund deutlich, „die Innenstadt hat gerade die meisten Bebauungspläne“ in der Pipeline – unter anderem für große Quartiere, die auch wieder für Familien attraktiv sein sollen, die in der Vergangenheit ins Umland flüchteten, weil die Stadt immer teurer wurde. Die städtischen Planer sehen aber jetzt die Chance, „die Familien zurückzuholen“, so Birgit Niedergethmann.

Für den Spar- und Bauverein eG Dortmund ist das kein Thema, die Dortmunder Genossenschaft besitzt nicht nur knapp 12 000 Wohnungen in quasi jeder Größe, sondern auch ganze gut funktionierende Quartiere für alle Generationen. Beispielsweise den Althoff-Block mit immerhin 2500 bezahlbaren Wohnungen, quasi das „Dorf in der Stadt“, so beschrieb es Franz-Bernd Große-Wilde, der Vorstandsvorsitzende der Spar- und Bauverein eG. Im nächsten Jahr wird die Genossenschaft 130 Jahre alt, in allen Jahrzehnten ihres Bestehens hat sie qualitativ hochwertigen Wohnraum geschaffen und instand gehalten. Spar- und Bau-Mieter wissen das zu schätzen, die Wartelisten für Wohnungen sind lang, und rund 20 000 Genossen freuen sich überdies nach wie vor über eine attraktive jährliche Dividende – zuletzt 4 Prozent. Nachhaltiger geht Wohnungswirtschaft nicht.

Große-Wilde sieht die aktuellen Herausforderungen für die Genossenschaft denn auch eher im Umzugsmanagement, in der Barrierefreiheit, der energetischen Sanierung oder in dem Engagement, in den Quartieren das urbane Leben zu erhalten und/oder zu schaffen. Das will auch das BaseCamp an der Kampstraße mit 331 neuen Studenten-Appartements und 118 Hotelzimmern in luftiger Höhe. Der 100 Meter-Riegel mit Kolonaden folgt dem Karstadt-Technik-Kaufhaus und setzt auf die junge Generation, die allerdings auch ein etwas dickeres Portemonnaie mitbringen sollte. Wird sie das gewünschte Leben in die City bringen?

Ob Anleihen an die Gründerzeit, ob Wohnen mit Service, in richtigen Residenzen oder die Concierge in der Eingangshalle: Vieles ist in der Stadt möglich und wird längst angeboten, wie die gezeigten Beispiele zeigten. Preiswerter Wohnraum aber ist nach wie vor Mangelware und bleibt ein Auftrag – auch an die Politik. 30 Prozent Sozialwohnungen lautet in Dortmund künftig die Vorgabe bei neuem Wohnungsbau.

Gegen Flächenfraß am Stadtrand und die Zersiedelung des ländlichen Raums, für eine gute Nachbarschaft und Wohnen in Gemeinschaft stehen die Baugemeinschaften/Baugruppen, für die Architekt Dirk Becker plant. Innovative Energie- und Mobilitätskonzepte gehören meist mit zum Anspruch und Auftrag. Es gibt in Dortmund mittlerweile ein paar ganz schöne Beispiele für das Bauen von Baugruppen.

Städtisch und gleichsam schön zu bauen, sei gar nicht so schwer, meinte abschließend Prof. Wolfgang Sonne, Leiter der TU Dortmund. Es gelte die einfache Regel: Das Wohnhaus bilde zur Straße hin immer die Platzwand, die ruhige Gegenwelt eröffne ein grüner Innenhof. Um ein Quartier dann noch vom störenden Blech zu befreien und mehr Platz für Bäume und Pflanzen zu schaffen, „muss man sich einfach von dem Gedanken verabschieden, dass zu einer Wohnung zwei Autos gehören.“ So simpel.

Das Thema Wohnen in der Innenstadt zog Besucher*innen: Mehr als 100 Gäste folgten im Gartensaal des Baukunstarchivs den Vorträgen mit anschließender Diskussion.
Die Akteur*innen des Abends: (v.l.) Benjamin Sieber (Gerber Architekten), Hans Leo Drewes (BAUART), Birgit Niedergethmann (Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Dortmund), Marcus Patrias (Marcus Patrias Architekten), Dirk Becker (Dirk Becker, post welters + partner), Maximilian Derwald (WFD Derwald Projektentwicklung). Nicht im Bild: Franz-Bernd Große -Wilde (Spar- und Bauverein eG Dortmund). Fotos: sim