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Nachrufe auf Professor Ferdinand Stracke

2. August 2023

Foto: © Bildarchiv Lehrstuhl Stracke
Foto: © Bildarchiv Lehrstuhl Stracke

Professor Ferdinand Stracke 1935 – 2023

Am 10. Mai 2023 ist Ferdinand Stracke kurz vor seinem 88. Geburtstag gestorben.
Wie so viele Kolleginnen und Kollegen habe ich bei ihm studiert. Als Professor lehrte er Städtebau, Wohnungswesen und Landesplanung an der TU Braunschweig und später an der TU München, wo er 1988 auf den legendären Lehrstuhl Theodor Fischers für Städtebau und Regionalplanung berufen wurde.
Ferdinand war zuerst mein Lehrer, dann mein Chef, väterlicher Kollege und über die Jahre ein guter Freund. Ich denke so ging es vielen von uns.

Von Ferdinand Stracke lernen, bedeutete Städtebau und Architektur ganzheitlich zu begreifen. Vom Maurergesellen zum Planer und Forscher war er ein Generalist, der sich der Stadt aus der Vogelperspektive näherte und ihre Menschen und Häuser bis ins Detail verstehen wollte.

Von Ferdinand Stracke lernen, war kontextuell entwerfen zu lernen, das Palimpsest der Stadt zu lesen, ihre (Ge)Schichten zu ergründen und ihre Vielschichtigkeit zu feiern. Für ihn war alles gleichzeitig präsent und alles war konzeptioneller Stoff für einen guten Entwurf!

Von Ferdinand Stracke lernen, war konsequent denken zu lernen, sich mutig in die Zukunft der Stadt einzumischen, leidenschaftlich zu argumentieren und Position zu beziehen; Ideen, Konzepte und Utopien zu entwickeln und sie solange kritisch zu hinterfragen bis sie tragfähig wurden.

Und von Ferdinand Stracke konnte man lernen die Menschen ernst zu nehmen, ihnen mit freundlicher Neugier und ehrlicher Gelassenheit zu begegnen. Er war ein großer Erzähler und schelmischer Gesprächspartner. Ein Mann von großer Menschenkenntnis und selbst ein zutiefst menschlicher Mensch.

Wir haben viel von ihm gelernt.
Jetzt zieht er, frei wie ein Vogel, seine Kreise über den Städten und schaut was wir daraus machen.

Nachruf von Ina Laux
Kreisvorsitzende BDA München-Oberbayern:

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Gerne will ich uns einen feinen, geistreichen Menschen durch seine prägnante Haltung zum städtebaulichen Entwerfen in bleibende Erinnerung rufen.
Seine Anleitung zum städtebaulichen Entwerfen lässt sich so einfach wie komplex zusammenfassen: Sammle umfassendes Wissen über den Ort und deine Aufgabe, gehe in eine kritische Reflexion darüber und suche den Dialog. Diese beinahe zeitlose Rezeptur wandte er für den Bau ganzer Stadtteile an, legte sie seinen Vorlesungen für Studierende, seinen Gutachten für Kommunen und seinen Beratungen von Investoren zugrunde.
Im Anschluss an die Datensammlung bedeutet gerade die Aufforderung zur Reflexion, sich der Freiheit des Entwerfens bewusst zu werden und diese Freiheit für sich aktiv in Anspruch zu nehmen. Die Anweisung zum Dialog stellt dem gegenüber das selbstbewusste Entwerfen demütig in den Dienst der künftigen Nutzerinnen und Nutzer.
Sein Werk als Planer und Architekt brachte daraus in den letzten sechzig Jahren kräftige, eigenständige Siedlungen und Stadtbaukörper hervor. Von mindestens gleichwertiger Bedeutung für sein Wirken ist jedoch die Vielzahl der von ihm als Hochschullehrer ausgebildeten oder beeinflussten Architektinnen und Architekten und Planerinnen und Planer.
Seine Sätze, wie „Stadtplanung bedarf der Phantasie, sie braucht Kreativität, sie steht im Kontext zur Historie und Morphologie des jeweiligen Ortes und bereitet zugleich dessen Zukunft vor“, empfehle ich uns gern nachhallend als Begleitung.

Nachruf von Dr.-Ing. Josef Rott
Ministerialrat in der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern