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Gefährdete Arten Mannheim – Wenn Altes das neue Neu wird

8. März 2024

In Mannheim sorgen die Initiative „Mofa“ und der BDA Baden-Württemberg für Diskussionen zum Thema Umbaukultur.

Manchmal wird der Veranstaltungsort schon mal selbst zum Thema. Gemeint ist die Trinitatiskirche in Mannheim, in die die Initiative „Mofa“ (Mannheims Ort für Architektur) unter dem Motto „Ist das Baukultur oder kann das weg?“ eingeladen hat. Es soll um Mannheimer Nachkriegsbauten gehen – und um das Gotteshaus selbst: Weil sein freistehender Glockenturm bald abgerissen werden könnte, haben die „Mofa“-Initiatoren die BDA-Ausstellung „Gefährdete Arten“ auf den Vorplatz der Kirche geholt und auf Beispiele aus der Stadt fokussiert – vom Trinitatisturm über den Bürotrakt des Collini-Center bis zum Sparkassengebäude am Paradeplatz.

Pikant ist, dass die Trinitatiskirche eigentlich beispielhaft für eine gute Umnutzung ist, Ideen für ihren Turm aber bisher an Auflagen des Denkmalschutzes scheiterten. Zum Auftakt gibt BDA Mannheim Vorsitzender Johannes Striffler einen Einblick, wie sein Vater 1959 das Gotteshaus baute und wie es zum „EinTanzHaus“ wurde – heute eine der interessantesten Bühnen der Stadt. „Es geht darum, Vielfalt zu erhalten“, eröffnen Kuratorin der Ausstellung „Gefährdete Arten“ Bernita Le Gerrette (BDA BW) und Dennis Ewert („Mofa“) mit Maren Harnack (University of Applied Sciences Frankfurt), der Architekturkritikerin Ursula Baus („marlowes“) und Landeskonservator Martin Hahn die Diskussion. Peter Brückner (Brückner& Brückner) gibt einen Einblick in Umbauten seines Büros, die nicht teurer als ein Neubau sein müssten. Zudem ginge es um ein Stück Erinnerungskultur.

Die Chance zur Umnutzung hat man indes beim Büroturm des Collini-Centers verschenkt – ein Neubau von schneider+schumacher ist längst beschlossen. Der benachbarte Wohnturm bleibt nur erhalten, weil ihn seine Eigentümer und Bewohner instandhielten, während die Stadt ihren Teil des Ensembles verfallen ließ, wie Thomas Holzner vom Verein „Wir im Collini“ kritisiert. Dabei gehörten aus seiner Sicht Galerie, Büro- und Wohnturm zusammen unter Denkmalschutz – dem schloss sich Ursula Baus an. Es sei ein Skandal, dass die Stadt ihren Teil an einen Investor verkauft habe. Warum das ganze Ensemble nicht geschützt wurde? „Es besitzt zwar eine städtebauliche Fernwirkung“, räumt Landeskonservator Martin Hahn ein. Seine Konzeption sei aber im Vergleich mit anderen nicht ausreichend innovativ.

Wenige Meter weiter bröckelt an den Berufsschulen am Neckar die Fassade – dass auch sie abgerissen werden, gilt als wahrscheinlich. Und was wird aus dem „Forum“ daneben, wenn das dortige Jugendkulturzentrum in die U-Halle auf Spinelli zieht? „Wir müssen darauf achten, dass Qualitätvolles erhalten bleibt, auch wenn es nicht unter Denkmalschutz steht“, fordert Maren Harnack ein – auch aus ökologischen Gründen: Die Herstellung und Entsorgung von Baumaterialien sorge für acht Prozent der Treibhausgase. Aus Altem sollte das neue Neu werden – „aus jedem Gebäude ließe sich etwas machen.“ Gerade der öffentlichen Hand fehle dazu aber oft der Wille. Und der Mut.

Text Annika Wind