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Wie geht Architektur morgen? Der 6. BDA-Hochschultag der Architektur

28. März 2024

Der 6. BDA-Hochschultag der Architektur am 22. März 2024 unter dem Titel „Wie geht Architektur morgen? Zwischen Umbaupraxis und Digitalisierung“ (hier geht es zum Programm) brachte eine überraschende Erkenntnis: Digitale Werkzeuge werden vom Nachwuchs zwar ganz selbstverständlich eingesetzt, aber eine zukunftsweisende Lehre muss auch deren Grenzen kennen und vermitteln. Denn gerade im Bestand lässt sich vieles anders und besser planen, wenn haptische, sinnliche und vor allem analoge Planungsmethoden eingesetzt werden.

Leon Lenk Fotografie
Leon Lenk Fotografie

Während Staatssekretärin Elisabeth Kaiser aus dem Bundesbauministerium eingangs noch eine „vollständige Digitalisierung über den ganzen Lebenszyklus“ als entscheidend für einen „Effizienzsprung im Bauwesen“ forderte, setzte Katja Knaus aus dem BDA-Präsidium ihren Fokus auf die „Umgestaltung der Wertschöpfungskette hin zu regenerativen und zirkulären Baustoffen“ und sah digitale Planungsmethoden als „ein Werkzeug“ zum Ersatz von Routinearbeiten an. Der Berufsstand müsse weiterhin bereit sein, soziale und gestalterische Verantwortung zu übernehmen.

Elisabeth Endres wandte sich gegen eine Übertechnisierung der Haustechnik: „Welch ein Aufwand zu lüften, zu heizen, zu beleuchten, wenn ein Fenster genügt“ (Luigi Snozzi). Gerade im Bestandsbereich mit seinen Unwägbarkeiten stecke die „Energie der Architektur“ im Entwurf. „Und dazu benötigt man Lehrende, die aus der Praxis kommen!“ Anhand überzeugender Beispiele aus der eigenen Praxis belegte sie ihre Maxime „Klug bilanzieren statt stumpf rechnen!“.

Adria Daraban streifte dann in einem philosophisch, politisch und sozial konnotierten Exkurs „neue Werkzeuge für Lehre und Forschung“, und schließlich stellte Anna Hugot in einem haptisch-versponnenen Bildbericht ihr „Tagebuch einer Reparatur“ einer heruntergekommenen Altbauwohnung in Venedig vor, die von Wohnungslosen besetzt worden war.

Am Nachmittag teilte sich das Publikum in zwei parallele Panels unter dem Obertitel „Umbauen lehren“ auf. Im ersten Panel mit Lydia Haack ging es um neue Curricula. Studierende der Alanus-Hochschule berichteten von ihrem Bachelor-Entwurf für die Umnutzung eines Industriebaus und wünschten sich für das Studium ein „Mehr“ an handwerklichen und baupraktischen Erfahrungen. Die präzisen herkömmlichen Softwaremodelle hingegen „bringen“ im Bestand mit seinen Ungenauigkeiten nicht viel. Muck Petzet berichtete dann von seiner Lehre in Mendriso zur Vermessung und webbasierten Dokumentation des Bestands, und Julian Krüger beleuchtete die Zusammenhänge zwischen Umbau und Digitalisierung.

Im zweiten Panel mit Heinrich Lessing berichteten Studierende der TU Berlin ebenfalls von „Hands-On“-Erfahrungen mit analogen 1:1-Modellen. Andrea Uhrig sprach sich für die Beherrschung der Grundprinzipien des Faches aus und deutete den Entwurf im Bestand als ein „Rückwärts-Konstruieren“. Schließlich plädierte auch Jens Ludloff für die Handzeichnung in der Grundlehre und den Tragwerksentwurf an analogen Modellen.

In der Abschlussdiskussion wurde wiederholt gefordert, die Umbaupraxis in den Lehrplänen festzuschreiben, da diese zu sehr auf den Neubau ausgerichtet seien. Vielleicht kann diese Äußerung als Schlusswort stehenbleiben: „Wir müssen den Studierenden sagen: Digitalisierung ist wichtig.“ Kurze Pause. Und dann: „Aber“.

Benedikt Hotze