Norbert Miguletz

Preisträger BDA-Architekturpreis Nike 2022

Jüdisches Museum Frankfurt am Main

Frankfurt am Main

Norbert Miguletz

Jüdisches Museum Frankfurt am Main

Frankfurt am Main
Architekt
Staab Architekten, Berlin
Bauherr
Stadt Frankfurt am Main, vertreten durch den Magistrat– Kulturamt, vertreten durch Museumsbausteine Frankfurt

Juryvotum Nike 2022

Das im historischen Palais am Main in den Frankfurter Wallanlagen untergebrachte Jüdische Museum hat mit seinem Erweiterungsbau eine verblüffende und selbstverständlich wirkende städtebauliche Neuorientierung erfahren. War das Bestandsgebäude mit seinem Eingang an einer stark befahrenen Straße im Stadtraum wenig präsent, spannen nun der Neubau im Norden und der Altbau im Süden einen Zwischenraum auf, der sich zur hochfrequentierten Parkanlage des Walls hin öffnet. Entstanden ist ein besonderer, sehr öffentlicher und gleichzeitig fast intimer Ort, der dem realen städtischen Treiben seltsam entrückt zu sein scheint und mit der durchgängig weißen Gestaltung der Baukörper wie aus Raum und Zeit gefallen wirkt.

Durch die perspektivische Verkürzung des keilförmigen Platzes entsteht eine barock anmutende Inszenierung, eine gestaffelte Bühne aus Tiefhof und Terrasse, die eine Spannung von Nähe und gleichzeitig unerreichbarer Ferne aufbaut. Diese Inszenierung wird durch die horizontale Fassade des Neubaus mit seinen nach unten „gerutschten“ Bändern im Gegenüber des Palais und dessen klassizistischer Gliederung bestärkt. Dies setzt sich auch im Innern fort, wo der von außen monolithisch wirkende Ergänzungsbau unverhofft in hellem Licht erstrahlt, sich mit großen Fenstern nach außen öffnet und mit wohlproportionierter Raumfolge in die Ausstellung geleitet.

Jüdisches Leben und Kultur waren immer ein wichtiger Bestandteil der Stadtgeschichte Frankfurts, sind aber bis heute kein selbstverständlicher Teil davon. Das Gebäudeensemble des jüdischen Museums spiegelt die Fragilität in unserer Gesellschaft wider, den Konflikt zwischen dem Selbstverständnis von Dialog und Austausch einerseits und einem hohen Schutzbedürfnis und daraus resultierender notwendiger Abgrenzung andererseits. Die erforderlichen Sicherheitsbelange des Museums wurden mit der gekonnten Staffelung und Verschränkung von städtischem Ensemble und Innenwelt präzise und gleichsam unmerklich erfüllt.

Das Jüdische Museum in Frankfurt steht für den Wunsch, trotz aller Schwierigkeiten in einer noch immer interkulturell mit sich hadernden Gesellschaft möglichst unbeschwerten Raum für Begegnung zu schaffen.

Preisträger

BDA-Architekturpreis Nike 2022 – Große Nike